Eine Person fährt ein Auto auf einer Landstraße.
Auf dem Land sitzt man viel hinterm Lenker. Foto: Daniela Cuevas/stocksnap.io

Verkehrswende

3 Pilotprojekte, die die Verkehrswende auf dem Land vorantreiben

29.11.2022 | Lesedauer: 4 Minuten

Nachhaltige Mobilität im ländlichen Raum?

Wer auf dem Land lebt, kennt das Spiel: Um von A nach B zu kommen, nimmt man in der Regel das Auto, gelegentlich schwingt man sich aufs Fahrrad. Andere Möglichkeiten, die ein ebensolches Maß an Flexibilität bieten, gibt es kaum. Vielerorts fährt noch nicht einmal ein Bus, E-Scooter von Sharing-Diensten sucht man vergebens, Bahnhöfe schließen. Und selbst wenn man es von einem Bahnhof zum nächsten geschafft hat, wäre da noch die letzte Meile. Ein gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr scheint in weiter Ferne.

Dabei wäre es in vielerlei Hinsicht wichtig, nachhaltige Mobility-Services auf dem Land auszubauen:
1. Um ländliche Räume für Menschen attraktiv zu halten.
2. Um Personen mit eingeschränkter Mobilität mehr Mobilität zu bieten.
3. Um die Umwelt zu schonen.

Viele Haushalte verfügen über ein oder mehrere Autos und es ist keine Seltenheit, dass nur eine Person auf dem Weg zur Arbeit oder zum Supermarkt im Fahrzeug sitzt – das ist in puncto Rohstoffverbrauch und Klimaschutz nicht gerade optimal. Der Individualverkehr kommt nicht nur den Leuten teuer zu stehen, sondern auch der Umwelt.

Und nun? Viele Bürger*innen wurden selbst aktiv. Mit Initiativen für nachhaltige Mobilität bieten sie den Leuten der Umgebung neue Möglichkeiten der Fortbewegung. Wie das aussehen kann, zeigen diese drei Modelle.

Autonome E-Shuttlebusse im Kurort

Wer dem bayerischen Bad Birnbach einen Besuch abstattet, wird mit aller Wahrscheinlichkeit schmale Kleinbusse erblicken. Seit 2017 verbindet einer dieser Busse als erste selbstständig fahrende Buslinie Bahnhof, Marktplatz und Atrium. Mittlerweile sind es insgesamt drei E-Shuttlebusse, die insgesamt 20 Haltestellen ansteuern.

Genutzt wird der Service von Anwohner*innen und Tourist*innen, gebucht wird er via App oder Telefon. Die Busse sind zwar autonom unterwegs, jedoch ist immer ein*e Operator*in mit an Bord. Das ist rechtlich so vorgeschrieben. Zwischen 8 und 18 Uhr können Fahrgäste den 18 km/h schnellen Service kostenlos nutzen. Insgesamt hat das mit der Deutschen Bahn entstandene Projekt 65.000 Personen befördert.

Ein E-Shuttlebus wartet mit offenen Türen auf weitere Fahrgäst*innen.
Ein E-Shuttlebus wartet in Bad Birnbach auf Zusteigende. Foto: Richard Huber

Für die Menschen ist der E-Shuttle ein echter Zugewinn. Denn er schließt wichtige Verkehrslücken und erleichtert vor allem älteren Einwohner*innen ihre Alltagswege. Dank Elektroantrieb ist er zudem umweltfreundlich unterwegs.

Carsharing am Ammersee

Am drittgrößten See Bayerns teilt man gern. Aktuell beherbergen hier sechs Orte 13 Privatfahrzeuge sowie einen Anhänger, die die Bürger*innen nach dem Sharing-Prinzip nutzen. Initiiert wurde das Ganze vom Verein mobi-LL. Mitglieder zahlen 50 Euro Aufnahmegebühr sowie eine rückzahlbare Einlage von 600 Euro. Wer ein Auto braucht, bucht es online, nimmt den Schlüssel aus einem Schlüsselkasten, fährt los und trägt die Fahrtzeit und die gefahrenen Kilometer ins Fahrtenbuch ein. Abgerechnet wird über einen Zeittarif im Viertelstundentakt (ein Euro pro Stunde am Tag, nachts 25 Cent) oder per Kilometer (durchschnittlich 35 Cent). Ziel des Vereins ist, dass jede*r Einwohner*in zukünftig die Wahl zwischen zwei Fahrzeugen hat, die maximal einen Kilometer von ihrem Zuhause entfernt stehen.

Ein Carsharing-Auto steht vor einem See.
Am Westufer des Ammersees finden Carsharing-Nutzer*innen unter anderem dieses Auto. Foto: Carsharing Dießen e.V.

Laut mobi-LL ersetze jeder Carsharing-Pkw in ländlichen Regionen vier bis acht Privatautos. Somit leistet die Devise „Teilen statt Nutzen“ nicht nur einen wichtigen Beitrag in puncto Ressourcenschutz, mit dem Modell lassen sich auch die (Fix-)Kosten für Kauf und Instandhaltung eines eigenen Autos enorm verringern.

Ridepooling-on-demand in Oberfranken

Ein Bestellbus auf Erfolgskurs: Der Hofer LandBus ist 2019 an den Start gegangen, mittlerweile bedient er im Landkreis Hof 280 Haltestellen sowie 475 weitere Haltestellen in acht Nachbarkommunen. Es gibt keinen festen Fahrplan – Einwohner*innen buchen ihre Fahrt per App, die ihnen dann mitteilt, wann der Bus kommt. Auch übers Telefon können Fahrten bestellt werden, immerhin besitzen viele ältere Menschen kein Smartphone. In diesem Fall trägt die Buchung jemand von LandBus manuell in die App ein.

Die Routen werden von einem Algorithmus so geplant, dass so viele Leute wie möglich mitfahren können. Die Fahrten finden zwischen 6 und 23 Uhr statt und kosten 3 Euro.

Mit diesem flächendeckenden Mobilitätsangebot werden einzelne Autofahren eingespart, was das Verkehrsaufkommen reduziert und die Umwelt entlastet. Entstanden ist das Projekt in Kooperation mit dem Berliner Startup door2door.

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