Eine Person steht auf einem Felshügel und schaut zum Sternenhimmel. Dort ist deutlich die Milchstraße zu sehen.
Die Milchstraße lässt sich mit bloßem Auge nur noch an wenigen Orten der Erde. Foto: GettyImages

Earth Night

In der Dunkelheit liegt die Kraft

20.09.2022 | Lesedauer: 4 Minuten

Der große Wagen, der Orion mit seinem dreiteiligen Gürtel – ein paar Sternbilder kennen wohl die meisten von uns. Doch beobachten können wir sie inzwischen immer seltener, selbst wenn keine einzige Wolke die Sicht auf den nächtlichen Himmel versperrt. Denn dafür müsste es viel dunkler sein. Das Projekt „Earth Night“ der gemeinnützigen Organisation „Paten der Nacht“ will die schädlichen Auswirkungen von zu viel künstlicher Beleuchtung in den Fokus rücken.

Der große Wagen, der Orion mit seinem dreiteiligen Gürtel – ein paar Sternbilder kennen wohl die meisten von uns. Doch beobachten können wir sie inzwischen immer seltener, selbst wenn keine einzige Wolke die Sicht auf den nächtlichen Himmel versperrt. Denn dafür müsste es viel dunkler sein. Das Projekt „Earth Night“ der gemeinnützigen Organisation „Paten der Nacht“ will die schädlichen Auswirkungen von zu viel künstlicher Beleuchtung in den Fokus rücken.

Sternenparks – wichtige Lichtschutzgebiete

Die Idee hatte der Diplom-Physiker Manuel Philipp, der im Chiemgau eine Werbeagentur betreibt und nebenberuflich Sternenführungen anbietet. Vor fünf Jahren begann Manuel Philipp, sich für Sternenparks zu interessieren – das sind Gebiete, in denen sich der Nachthimmel besonders gut beobachten lässt. Der Physiker fasste den Plan, das Almgebiet Winklmoos-Alm zum Sternenpark erklären zu lassen.

Über den Titel entscheidet die in den USA ansässige Dark Sky Association aufgrund bestimmter Kriterien: So darf es keine hellen, erhöht stehenden Lichtquellen geben, und die Milchstraße muss nachts ohne Sichthilfe am Himmel erkennbar sein. „Ich habe während der Bewerbungsphase angefangen, mich damit zu beschäftigen, welche schädlichen Auswirkungen Licht auf jedes Lebewesen auf unserem Planeten hat“, sagt der Physiker.

Sternenhimmel mit Milchstraße, die sich über eine Moselkurve in den Weinbergen des berühmten Moseltals in Rheinland-Pfalz in Deutschland bewegt - Europa
Von den Weinbergen des Moseltals in Rheinland-Pfalz aus ist bei Nacht die Milchstraße noch zu sehen. Foto: GettyImages

So schadet Lichtverschmutzung Menschen, Tieren und Pflanzen

So fand er heraus, wie wichtig die nächtliche Dunkelheit sowohl für tagaktive als auch für nachtaktive Lebewesen ist: Erstere brauchen sie, um nachts zur Ruhe zu kommen und ihre Energiereserven aufzutanken, Letztere brauchen die Dunkelheit zur Futtersuche, Bestäubung oder Fortpflanzung.

Viele nachtaktive Insekten sterben jedoch an Erschöpfung, nachdem sie stundenlang um Straßenlaternen herumgeschwirrt sind. Selbst Pflanzen ändern durch künstliches Licht ihren Biorhythmus. Bäume, die in der Nähe von Straßenlaternen stehen, blühen früher und werfen ihr Laub zu spät ab – Frostschäden sind die Folge.

Nicht zuletzt schadet ein fehlender Wechsel zwischen heller und dunkler Tageszeit auf Dauer auch der menschlichen Gesundheit. Wird es dunkel, schüttet unser Körper normalerweise das Schlafhormon Melatonin aus, das uns müde macht und dafür sorgt, dass wir uns erholen. Helles, vor allem bläuliches Licht, verhindert jedoch die Melatoninproduktion. Ist der Schlaf-Wach-Rhythmus anhaltend gestört, kann dies zu Übergewicht, Herz-Kreislauferkrankungen, Depressionen, Diabetes oder sogar Krebs führen.

Im Almgebiet Winklmoos-Alm halfen Gespräche mit dortigen Hüttenbetreibern, die Anzahl der künstlichen Lichtquellen um die Hälfte zu reduzieren. Zusätzlich wurde die Helligkeit der übrigen Lampen reduziert: „Mal haben wir Teile der Beleuchtung abgeklebt, mal einfach einen Scheinwerfer weiter nach unten gerichtet“, so Manuel Philipp.

Earth Night am 23. September – darum geht es

„Paten der Nacht“ besteht inzwischen aus mehr als 50 ehrenamtlichen Team-Mitgliedern. Vor zwei Jahren rief die Organisation die Aktion „Earth Night“ ins Leben. Die „Earth Hour“, die im Jahr 2007 vom WWF Australia initiiert wurde und bei der einmal im Jahr Unternehmen und Kommunen auf der ganzen Welt für eine Stunde das Licht abschalten, soll damit auf eine neue Stufe gehoben werden.

„Die Earth Hour setzt den Fokus vor allem auf den Klimaschutz, der selbstverständlich auch wichtig ist“, sagt Manuel Philipp. Dass die Lichtverschmutzung aber noch viel weitreichendere Folgen für die Umwelt habe, klammere die Aktion aus. Bei der Earth Night am 23. September 2022 soll es darum nicht nur für eine Stunde dunkel bleiben, sondern von 22 Uhr abends bis 6 Uhr morgens. Mehr als 90 Unternehmen, Vereine und andere Institutionen in Deutschland und Österreich unterstützen die Aktion bereits. Und natürlich kann auch jeder Einzelne teilnehmen und einfach mal das Licht abschalten – und damit zum „Paten der Nacht“ werden.

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