Blick in den Eiermannbau in Apolda, Thüringen.
6.000 Quadratmetern Industriefläche beheizen - das kostet Energie. Für den Eiermannbau in Apolda fand man eine clevere Lösung: Gewächshäuser. Foto: Thomas Mueller

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Eiermannbau Apolda: Eine Fabrik lebt auf

Wer im Glashaus sitzt, der schont Ressourcen und hilft nebenher, einem Baudenkmal neues Leben einzuhauchen. So trifft es zumindest auf alle zu, die ihren Arbeitsplatz im Eiermannbau, einer ehemaligen Weberei und Feuerlöschgerätefabrik in Apolda in Thüringen, beziehen.

Nur zehn Gehminuten vom Bahnhof entfernt liegt der imposante Industriebau mit den großen Fenstern und der spektakulären Dachterrasse. Errichtet 1906/07, verdankt er seinen Namen dem Architekten, der ihn Ende der 1930er Jahre im Stil der Moderne erweiterte: Egon Eiermann.

Später entwarf Eiermann den Neubau der Berliner Gedächtniskirche sowie den nach ihm benannten Schreibtisch und ging als einer der bedeutendsten Architekten der Nachkriegsmoderne in die Geschichte ein.

IBA Thüringen entwickelt Eiermannbau zur Open Factory

In der von ihm geprägten Fabrik zu Apolda wurden derweil Feuerlöscher produziert. Seit 1994 stand sie leer – bis die Internationale Bauausstellung (IBA) Thüringen sich ihrer annahm. 2017 kaufte die landeseigene Entwicklungsgesellschaft LEG Thüringen die Immobilie, seit 2018 läuft die Umdeutung und der Umbau zur Open Factory.

Drohnenaufnahme des Eiermannbaus in Apolda, Thüringen.
Der Eiermannbau im thüringischen Apolda, entworfen vom Architekten Egon Eiermann, gilt ist eine Architekturikone der Moderne. Foto: Thomas Mueller

Hier sollen Start-ups, Künstler*innen oder Forschungsteams ihre Büros und Werkstätten ebenso finden wie lokale Unternehmen und Initiativen. Die IBA selbst ist als erster Mieter eingezogen.

Im Kern der Entwicklung steht ein eigenes Ressourcenschutzkonzept – der Grund, weshalb man in den großen Fabrikhallen in Gewächshäusern sitzt.

Ressourcenschutzkonzept als Leitfaden der Open Factory Apolda

„Das Schonen von Ressourcen ist im Bausektor aktuell generell angesagt. Für die CO2-Bilanz ist Umnutzen wesentlich besser, als neu zu bauen“, sagt Katja Fischer, Programmleiterin der IBA Thüringen und Projektleiterin des Eiermannbaus. „Das Ressourcenschutzkonzept wurde im Vorfeld erarbeitet und dient als Leitfaden für den Bau und Betrieb des Standorts. Wir wollen das schon in der Entwicklung mitdenken.“

Die vier Etagen mit 6.000 Quadratmetern Industriefläche mit Einfachverglasung auf eine angenehme Arbeitstemperatur zu heizen, brauchte zu viel Energie. So kam die Idee mit den Gewächshäusern auf.

Nur Gewächshäuser zu heizen spart Ökostrom

„Die Häuser werden mit Ökostrom beheizt. Dort haben wir ein Mikroklima“, erklärt Fischer. Die Fläche drum herum wird nur auf 15 Grad Celsius temperiert. Das ist das Makroklima mit Teeküche, Kopierer und Sitzgruppe, die jedoch im Sommer gefragter ist als im Winter.

„Langfristig wollen wir Solarzellen auf dem Dach installieren. Aktuell steht dem noch der Denkmalschutz entgegen, aber wir hoffen auf eine Lösung im kommenden Jahr“, so Fischer. 21 Häuser stehen schon im Eiermannbau. Weitere sollen folgen.

„Wie wenig ist genug?“: Dass Motto des Umbaus

Auch sonst wird beim Umbau auf Nachhaltigkeit geachtet. So kommen nicht nur nachwachsende Rohstoffe wie Holz oder Stroh zum Einsatz. Die Einbauten sind auch rückbaubar und damit an anderer Stelle wiederverwertbar. „Das ist auch für viele Handwerker Neuland“, erzählt Katja Fischer. Vom Apoldaer Pioniergeist können alle profitieren. „Was wir hier ausprobieren, kann später an anderen Orten angewendet werden.“

Blick in die Halle des Eiermannbaus in Apolda
2018 hat die IBA Thüringen mit der Umdeutung und der Umbau des Eiermannbaus begonnen. Foto: Thomas Mueller

Die Aktivierung des Eiermannbaus steht unter dem Motto „Wie wenig ist genug?“. Von dieser Sparsamkeit profitieren auch die Mieter*innen. Denn Baukosten treiben die Mieten in die Höhe. „Hier wurden nur 350 Euro pro Quadratmeter investiert – normalerweise geht es bei 2.000 Euro los. Das ermöglicht eine Kaltmiete von 4,50 Euro“, sagt Fischer.

Eiermannbau als Denkmal von nationalem Rang strahlt bundesweit

Auch das ist ein Beitrag, damit sich die Open Factory so entwickeln kann, wie erhofft. Denn anders als in Berlin, Leipzig oder Weimar ist die Nachfrage nach Co-Working-Spaces und Kunstateliers in der thüringischen Provinz begrenzt.

„Der Eiermannbau ist ein Denkmal von nationalem Rang. Er strahlt über die Stadt hinaus“, sagt Fischer. Zu Veranstaltungen kommen Besucher*innen aus der ganzen Republik nach Apolda. „Manche Städte platzen aus allen Nähten, hier steht vieles leer. Da müssen wir eine Balance finden.“

Schon Egon Eiermann baute in Apolda keine neue Fabrik, sondern gestaltete bestehende Architektur nach den geänderten Ansprüchen um. Die aktuelle, ressourcenschonende Umnutzung zur Open Factory steht damit in seiner Tradition.

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