Eine Drohne fliegt über einem Feld. Auf dem Feld steht ein Arbeiter mit einem Laptop, welcher die Drohnen steuert.
Innovative Foodtech-Lösungen: In der Landwirtschaft kommen vermehrt Drohnen zum Einsatz. Foto: Adobe Stock

Nachhaltige Lebensmittelproduktion

3 Foodtech-Erfindungen, die eine ganze Branche umkrempeln könnten

18.01.2023 | Lesedauer: 7 Minuten

Warum wir die herkömmliche Lebensmittelproduktion überdenken sollten

Computergesteuerte Erntemaschinen, digitalisierte Kuhställe, Drohnen über Maisfeldern: Was vor nicht allzu langer Zeit noch klang wie der Inhalt eines Sciences-Fiction-Narratives, ist heute Realität. Sogenannte Foodtech-Unternehmen arbeiten mit Hochdruck an technologischen Lösungen, die darauf abzielen, das Ernährungssystem im Sinne der Nachhaltigkeit zu revolutionieren.

Die bereits überall zu spürenden Folgen von Massentierhaltung, Lebensmittelverschwendung, Plastikverbrauch & Co. bergen ein gewaltiges Risiko für den Planeten. Sie sind Anzeichen genug dafür, dass es effizienterer Produktionsprozesse bedarf.

Foodtech greift die Problematiken der Klimakrise und des Bevölkerungswachstums auf. Doch wie sehen eigentlich konkrete Foodtech-Innovationen aus?

Drei Foodtech-Innovationen im Überblick

1. „Vertical Farming“ – Technologie für eine urbane Landwirtschaft

Die nutzbare Fläche für Landwirtschaft wird kleiner, fruchtbare Böden fallen Monokulturen, Überweidung, Versiegelung und dem Einsatz von Chemikalien zum Opfer. Und doch will die wachsende Weltbevölkerung ernährt werden. Alternativen müssen her – gerade in Städten, in denen bis zum Jahr 2050 etwa 80 Prozent der Menschen leben werden. Wie sähe hier eine tragfähige Landwirtschaft aus?

„Vertical Farming“ ist eine Möglichkeit der platzsparenden und ortsnahen Versorgung. Hier wachsen Pflanzen in Hydrokulturen vertikal, also übereinandergestapelt, unter kontrollierten Bedingungen und in geschlossenen Räumen. Die Vorteile: Auf wenig Raum lässt sich das ganze Jahr lang wetterunabhängig eine große Menge Lebensmittel erzeugen und die Nahrungsmittel können so nah wie möglich an die Konsument*innen herangebracht werden.

Foodtech zuhause: Ein Regal mit Kräutern im Vertical-Farming-Style.
Erntefrische Zutaten aus dem Mini-Gewächshaus: Foodtech für zuhause. Foto: Adobe Stock

„Plantcube“: der kühlschrankgroße Garten für die Küche

Der „Plantcube“ von Agrilution stellt eine Miniatur eines solchen Gewächshauses dar. Das kühlschrankgroße Gerät imitiert ein geschlossenes Ökosystem. Auf Saatmatten lassen sich etwa Kräuter wie Basilikum aussäen – um diese kümmert sich dann ein vollautomatisiertes Klima- und Bewässerungssystem. Die App bietet Informationen über den Wachstumsprozess sowie Hinweise zur Wartung und Ernte. Der „Plantcube“ reguliert sich im Grunde von selbst.

Angeboten werden 44 verschiedene Kräuter- und Salatsaaten. Die Saatmatten seien laut Hersteller gentechnisch unverändert und bestünden zu 100 % aus upgecyclten Textilresten.

Auch die Klimabilanz kann sich sehen lassen: Während ein klassischer Salatkopf vom Feld bis zu 250 Liter Wasser benötigt, verbraucht der „Plantcube“ 120 Liter pro Jahr. Transportwege fallen vollständig weg, Kühlketten und Plastikmüll gehören der Vergangenheit an.

Zu guter Letzt kommen die Pflanzen aus dem Küchengewächshaus erntefrisch und sind somit voller wichtiger Nährstoffe auf die Teller, die bei Lagerung und Transport verloren gehen würden.

2. In-vitro-Fleisch – Fleischkonsum ohne Tierleid?

Was wäre, wenn wir für die Herstellung von Fleisch keine Tiere töten müssten? Genau diese Idee verfolgt der Ansatz des In-vitro-Fleisches. Aus echten Tierzellen wird unter Laborbedingungen eine hackfleischähnliche Masse herangezüchtet, dessen Geschmack sich kaum von echtem Fleischgeschmack unterscheiden soll.

Die Technologie steckt allerdings noch in den Kinderschuhen. Sie verzeichnet aktuell einen höheren Energieverbrauch als die herkömmliche Fleischproduktion. Die Herstellung von In-vitro-Fleisch kommt zudem noch nicht ohne Tierleid aus, denn die Einbindung von Tierzellen in den Produktionsprozess ist nach wie vor unumgänglich. Daher ist Laborfleisch leider noch keine vegetarische Lösung für das Problem des übermäßigen Fleischkonsums der Weltbevölkerung.

Doch sobald die Technik dazu in der Lage ist, vegetarisch zu verfahren, wäre die Debatte um die Haltung und Schlachtung von Tieren, die auf vielen Ebenen mit der Umweltdebatte verknüpft ist, hoffentlich hinfällig. Laborfleisch könnte dann deutlich günstiger und in kürzerer Zeit produziert werden.

Zwei behandschuhte Hände hantieren mit einer Petrischale und einer Pinzette. Im Hintergrund liegt eine Spritze und Fleisch unterschiedlicher Struktur in verschiedenen Glasgefäßen.
Neuartige Lebensmittel durch Foodtech. In-vitro-Fleisch könnte bald in unseren Supermärkten angeboten werden. Foto: Adobe Stock

Essen wir bald Steaks aus dem 3D-Drucker?

Erste Start-ups forschen bereits an Möglichkeiten, wie man mithilfe von 3D-Druckern aus der gezüchteten Masse die Optik und Form von echten Steaks authentisch nachempfinden könnte. Das Spannende daran: Bei dieser Vorgehensweise wäre es möglich, den Nährstoffgehalt von Lebensmitteln besser zu kontrollieren. Zudem lässt sich die Masse mit Vitaminen und Mineralstoffen anreichern.

In Asien gibt es In-vitro-Fleisch bereits in den Supermarktregalen: Seit 2020 verkauft der amerikanische Hersteller Eat Just in Singapur Hühnerfleisch, das unter Laborbedingungen herangewachsen ist. In der Europäischen Union benötigt man für diese Form der Herstellung eine Zulassung. Nach Angaben der Bundesregierung hat keine Firma bisher einen solchen Antrag an die EU-Kommission gestellt.

3. Weniger Lebensmittelverschwendung durch Künstliche Intelligenz

Die Lebensmittelindustrie unterliegt vielen Richtlinien zur Qualitätssicherung. Bei der Produktion von Lebensmitteln entstehen daher gewaltige Mengen an Abfall und Ausschuss, die dem Klima schaden. Auch hierzu haben sich Forscher*innen der Foodtech-Branche Gedanken gemacht und sich einer selbstlernenden Künstlichen Intelligenz (KI) bedient.

Eine Frau in weißer Kleidung betätigt eine industrielle Maschine. Auf einem Fließband fahren Produkte unter der Maschine durch.
Foodtech und Künstliche Intelligenz: In der Lebensmittelproduktion eingesetzte KIs könnten in Zukunft die Lebensmittelverschwendung deutlich reduzieren. Foto: Adobe Stock

Die moderne Kristallkugel – wenn Computer die Zukunft berechnen

Das Augsburger Forschungsprojekt „REIF“ untersucht die Steuerbarkeit der Lebensmittelindustrie über eine KI. Ziel ist es, bei der Lebensmittelherstellung Überproduktion zu vermeiden. Die KI soll außerdem die Nachfrage der Konsument*innen genauer prognostizieren. Sie ist in der Lage, auf die schwankende Nachfrage zu reagieren, indem sie Prozesse in Produktionsplanung und -verfahren steuert. Besonders interessant wird dieses Forschungsprojekt für die Milch-, Fleisch- und Backwarenindustrie werden, weil dort die Lebensmittelverluste besonders hoch ausfallen. Die Forscher*innen von „REIF“ planen, den Verlust von Lebensmitteln um bis zu 90 % zu verringern.

Sind wir auf einem guten Weg?

Egal ob Küchengarten, Laborfleisch oder KI: Foodtech bedeutet Innovation und Fortschritt. Auch wenn viele der Technologien noch nicht massentauglich sind, in puncto Nachhaltigkeit schlummern in ihnen enorme Potenziale.

Die Foodtech-Branche wird in den kommenden Jahren sicherlich weitere Technologien hervorbringen. Auf lange Sicht müssen die herkömmlichen Ernährungssysteme dringend durch nachhaltigere Konzepte ersetzt werden, damit Mensch und Klima wieder im Einklang miteinander funktionieren. Und auch wenn die vorgestellten Beispiele gezeigt haben, dass dieser Prozess bereits in vollem Gange ist – viel Zeit bleibt nicht.

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