Ein ONO E-Cargobike führt über eine Berliner Straße. Im Hintergrund eine U-Bahn-Station.
Das ONO E-Cargobike ist eine neue Art von Stadtfahrzeug. Das Ziel der Gründer: Den innerstädtischen Warenwirtschaftsverkehr nachhaltig machen. Foto: Janine Graubaum

Onomotion

Wenn das Paket per E-Cargobike kommt

11.11.2022 | Lesedauer: 4 Minuten

Der DPD-Kurier ist nicht zufrieden. Wild drückt er auf die Hupe, weil ihm ein in zweiter Reihe parkender DHL-Laster den Weg versperrt. Der wiederum kommt nicht vom Fleck, weil vor ihm der Lkw von Amazon Prime ebenfalls am Straßenrand hält. Die Zusteller schimpfen, die Anwohner sind genervt. Nur einer hat gute Laune: Fröhlich radelt der Kurier des Lebensmittel-Lieferdienstes Alpaka in einem futuristischen Gefährt auf dem Gehweg an der Szenerie vorbei.

Sein E-Cargobike heißt ONO und ist vor fünf Jahren von drei Berliner Gründern erfunden worden, um das oben beschriebene Liefer-, Park- und Umweltdrama in Städten zu beenden.

ONO steht für weniger Emissionen und weniger Stau

ONO ist ein elektrisches Cargobike, konzipiert für die erste und letzte Meile der Paketzustellung. „Unser Fahrzeug ist nicht nur emissionsfrei, sondern steht auch deutlich weniger im Stau und verursacht selbst auch deutlich weniger Stau als andere Zustell-Fahrzeuge“, sagt Gründer Beres Seelbach.

Im Kern der ONO steckt ein dreirädriges E-Bike, weshalb es rechtlich als Fahrrad gilt. Als solche darf es auf Radwegen fahren und auf Gehwegen halten. Dank einer Kabine sind die Fahrer*innen jedoch vor Wind und Wetter geschützt wie in einem Auto. Und viel Platz für Lasten ist ebenfalls.

Per ONO kommen Pakete oder Lebensmittel direkt nach Hause

2.000 Liter Fassungsvermögen und ein Gewicht von bis zu 200 Kilogramm verträgt der Container, der hinten auf ONO Platz findet. Über eine integrierte Rampe lässt er sich blitzschnell austauschen. Statt einmal am Morgen den großen Diesel-Laster zu beladen, steuern die Fahrer*innen mehrmals täglich ein zentral gelegenes Mikro-Depot an, wo die vorgepackten Container bereitstehen.

Ein Ono steht vor einem gläsernen Gebäude.
Weil ONO als Fahrrad gilt, darf das Cargobike auf Radwegen fahren. Foto: Janine Graubaum

Mehrere hundert ONOs sind mittlerweile in mehr als 10 deutschen Städten zwischen Hamburg und München, Dresden und Mönchengladbach im Einsatz. Logistikunternehmen wie DPD, Hermes oder UPS gehören zu den Kunden. Aber auch Florida Eis, die Berliner Bio-Kiste Märkische Kiste oder eben die Lebensmittel des verpackungsfreien Lieferdienstes Alpaka wurden schon mit ONOs ausgeliefert.

In Zukunft könnte ONO auch Menschen transportieren

Für die Zukunft haben die Gründer noch größere Pläne. Sie wünschen sich, dass auch Handwerker*innen oder die Mitarbeiter*innen des städtischen Grünflächenamtes samt Werkzeugkoffer und Laubbläser per E-Cargobike zur Arbeit aufkreuzen. Und warum sollten nicht irgendwann auch Menschen statt mit dem Taxi per ONO zum Bahnhof oder nachts nach Hause gebracht werden?

Aktuell reicht der Akku der ONO für gut 30 Kilometer Strecke. Ein zweiter Akku kann mitgenommen und unterwegs eingesetzt werden, sobald der erste leer ist. Für die Tagestour von Paketzusteller*innen reicht das aus.

Dank eines speziellen Antriebsboosts können ONOs auch voll beladen ohne große Mühe durchstarten und eine Höchstgeschwindigkeit von bis zu 25 km/h erreichen. Anders als beim Lkw ist auch kein Führerschein nötig, um ONO zu steuern.

Auch bei der Fertigung ist ONO umweltbewusst

Murat Günak designte jahrelang Autos für Mercedes, Volkswagen und Peugeot. Philipp Kahle ist als Fahrzeugingenieur für Leichtfahrzeuge etabliert. Und Beres Seelbach gründete bereits 2009 sein erstes E-Mobilitätsunternehmen und gehört damit zu den Pionieren auf dem Gebiet.

Die drei Gründer wussten also genau, was sie taten, als sie sich 2016 zusammenfanden, um etwas gegen Dauerstau und CO2-belastete Luft in unseren Innenstädten zu tun.

Nach dem Bau von Prototypen und vielen Tests gingen im Oktober 2020 die ersten ONOs an Kunden wie Hermes, DPD und Tier. Im September 2022 eröffnete die erste eigene Produktionsstätte in einer alten Druckerei an der Berliner Scheringstraße.

Bis zu 4.000 Räder können dort aktuell pro Jahr zusammengeschraubt werden. Ein Ausbau des Standortes ist schon geplant. 97 Prozent der Teile, die für ein ONO nötig sind, kommen aus Deutschland.

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