Ein Teller mit buntem und gesundem Essen.
Die Planetary Health Diet verbindet eine vollwertige Ernährung mit Umweltschutz. Foto: Adobe Stock

Klimafreundliche Ernährung

Der Speiseplan, der die Erde retten soll

05.01.2023 | Lesedauer: 8 Minuten

Die Nahrungsproduktion macht unserem Planeten zu schaffen

Die globale Lebensmittelproduktion bedroht unser Klima und die Ökosysteme. Sie benötigt derzeit 70 Prozent des Süßwassers und 40 Prozent der Landfläche. Sie ist für 30 Prozent der weltweiten Emissionen von Treibhausgasen verantwortlich. Mehr als die Hälfte dieser Emissionen stammt aus der Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten.

Etwa drei Milliarden Menschen, das sind 40 Prozent der Weltbevölkerung, sind mangelernährt, 2,1 Milliarden Erwachsene wiederum übergewichtig. Prognosen zufolge sollen im Jahr 2050 zehn Millionen Menschen auf der Erde leben.

Wie schaffen wir es, dass bis dahin (und darüber hinaus) gesunde Lebensmittel für alle da sind? Dass die Menschen sich vernünftig ernähren und der Planet nicht zerstört wird?

Diesen Fragen ging eine Reihe an Forscher*innen auf den Grund. Ihr gemeinsames Ziel war es, eine wissenschaftliche Basis für einen Wandel des weltweiten Ernährungssystems zu entwickeln. Herausgekommen ist ein Referenzrahmen für eine umweltgerechte und ausgewogene Ernährung: die „Planetary Health Diet“.

Die Planet-Diät: Essen und Erde schützen – für die westliche Welt eigentlich kein Problem

Eine Ernährungsweise, die gut für uns ist und zugleich Tiere, Pflanzen, Böden und Klima schont – das ist das Konzept der „Planetary Health Diet“. Entwickelt wurde die Strategie von der EAT-Lancet-Kommission, die von der gemeinnützigen europäischen Organisation EAT und dem medizinischen Fachblatt The Lancet berufen wurde.

In dem 37-köpfigen Zusammenschluss sitzen internationale Expert*innen für Ernährung, Agrarwissenschaft, Klimaschutz, Wirtschaft und Politik. Für ihr Vorhaben stützten sich die Forscher*innen insbesondere auf Daten aus der Gesundheitsforschung, anerkannten Ernährungsempfehlungen und umfassenden Literaturrecherchen. Das Ergebnis zeigte: Eine Ernährungsanpassung ist – insbesondere in der westlichen Welt – eigentlich nicht allzu schwierig und hat enormes Potenzial, die Gesundheit von Erde und Menschen zu schützen.

Mit der Planetary Health Diet will die EAT-Lancet-Kommission vor allem:

  • Hungersnöte eindämmen
  • Zivilisationskrankheiten reduzieren
  • den Ausstoß von Treibhausgasen verringern
  • die Artenvielfalt erhalten
  • die Wasserknappheit bekämpfen
  • und den Ackerflächenausbau stoppen.

Den Expert*innen zufolge ließen sich mit der Ernährungsform rund 11 Millionen vorzeitige Todesfälle durch ernährungs(mit)bedingte Erkrankungen wie Diabetes vermeiden.

In den Fokus rücken sie hier auch die „planetary boundaries“, die ökologischen Belastungsgrenzen der Erde. Sie machen darauf aufmerksam, dass diese schon bald überschritten wären. Der Mensch könne dann weder sicher auf der Erde leben noch sich gesund ernähren. Zu den Schlüsselbereichen zählen hier: CO2-Ausstoß, Landnutzung, Wasserverbrauch, Stickstoff- und Phosphoreinsatz und Verlust der Biodiversität.

Planetary Health Diet: Was hält der Speiseplan der Zukunft parat?

Die Planetary Health Diet sieht eine durchschnittliche Kalorienzufuhr von 2.500 kcal pro Person und Tag vor. Die Ernährungsweise vertritt einen flexitarischen Ansatz mit einem hohen pflanzenbasierten Anteil, der um tierische Erzeugnisse ergänzt wird. 80 Prozent der täglichen Energiezufuhr soll pflanzlich sein – Vollkorngetreide, Gemüse, Obst, Nüsse, Knollen, Hülsenfrüchte und ungesättigte Fette stehen ganz oben auf dem Speiseplan. Aber auch Fisch, Milchprodukte, Eier, Geflügel und Rindfleisch dürfen in Maßen verzehrt werden.

Damit der Planet nicht leidet, müsste der Konsum von Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen im Vergleich zu unseren derzeit vorherrschenden Ernährungsstandards in etwa verdoppelt werden, der Verzehr von Fleisch und Zucker dagegen halbiert.

Zwei kleine Frühstücks-Burger belegt mit Ei, Gemüse und vegetarischer Frikadelle.width

Burger am Morgen? So könnte ein Frühstück gemäß Planetary Health Diet aussehen. Foto: Adobe Stock

Ein Stück Linsen-Lasagne auf einem Teller.width

Eine nachhaltige Mittagsoption: reichhaltige und gesunde Linsen-Lasagne. Foto: Adobe Stock

Eine Schale bunter Obsalat.width

Mit der Planetary Health Diet wird die Zwischenmahlzeit am Nachmittag zur bunten Angelegenheit. Foto: Adobe Stock

Ein Abendbrot bestehend aus Fisch und Kartoffeln, schön angerichtet auf einem Teller.width

Fisch, Gemüse und Bratkartoffeln als Serviervorschlag fürs Dinner – deftig und gesund. Foto: Adobe Stock

Eine Portion Linsenchips auf einem Holzbrett.width

Linsenchips als leckerer Snack am Abend, laut Planetary Health Diet eine gute Idee. Foto: Adobe Stock

Wie alltagstauglich ist das Konzept der Planetary Health Diet?

Über die Alltagstauglichkeit lässt sich noch ein wenig streiten. Kritiker*innen merken beispielsweise an, dass die empfohlene Kalorienzufuhr von 2.500 kcal für körperlich schwerarbeitende Menschen zu wenig sei, für jene mit vorwiegend sitzenden Tätigkeiten zu viel. Menschen in ärmeren Regionen haben so viele Kalorien wiederum gar nicht zur Verfügung.

In vielen afrikanischen Ländern wird zudem ein Siebenfaches der empfohlenen Menge an stärkereichen Pflanzen wie Maniok verzehrt. Auch der Fleischkonsum wird kritisiert, denn die weltweite Halbierung des Verzehrs von rotem Fleisch würde etwa für US-Amerikaner*innen bedeuten, dass sie nur noch ein Siebtel verzehren dürften.

Aber: Die Planetary Health Diet kann und soll auch gar nicht universell „übergestülpt“ werden, betonen die Forscher*innen. Sie soll als Richtlinie dienen – immerhin wird auf der Welt sehr unterschiedlich gegessen. Eine tatsächliche Ernährungsform müsse jeweils an die lokalen kulturellen, demografischen und geografischen Gegebenheiten sowie an individuelle Bedürfnisse und Verträglichkeiten angepasst werden.

5 Strategien für die globale Ernährungswende

Die EAT-Lancet-Kommission nahm Modellberechnungen vor, um wichtige Hebel für eine Ernährungswende zu identifizieren:

1. Förderung gesunder Ernährung

Ob gesunde Verpflegung in Schulen, ein Mehrwertsteuerwegfall für Obst und Gemüse oder Werbeverbote für Süßigkeiten: Politik und Wirtschaft müssen handeln und darauf hinwirken, dass sich die Menschen gesünder ernähren. Dabei spielt auch die Preispolitik eine wichtige Rolle, denn auch ärmere Menschen müssen Zugang zu bezahlbaren nachhaltigen Lebensmitteln bekommen.

2. Qualität statt Quantität

Die landwirtschaftliche Produktion muss sich neu ausrichten: Weg von der Masse und hin zu qualitativ hochwertigen Lebensmitteln. Dabei sollten kleine und mittelgroße Betriebe besser unterstützt werden.

3. Nachhaltige Intensivierung der Lebensmittelproduktion

Die Landwirtschaft kann sich noch besser an ihre Umgebung anpassen, beispielsweise über trockenheitsresistente Pflanzen. Erträge müssen erhöht werden, ohne der Biodiversität zu schaden und mehr Land zu verbrauchen.

4. Strenge Überwachung der Nutzung von Land und Meer

Nahrungsmittel sollen nur von Flächen gewonnen werden, die bereits dafür existieren. Auch wichtig ist, degradierte Flächen wieder fruchtbar zu machen, Rodungen zu verbieten und die Ozeane vor Überfischung zu schützen (10 Prozent der Meere sollen für Fischerei verboten werden, damit sich die Natur erholt).

5. Halbierung der Lebensmittelabfälle

Die Verschwendung der Lebensmittel muss um die Hälfte verringert werden. Dafür sind Schulungen für Konsument*innen und Produzent*innen nötig. Zudem braucht es smarte technologische Lösungen sowie eine bessere Zusammenarbeit entlang der Lieferketten.

Gesund essen und trinken muss einfacher werden

Fest steht: Mit Appellen ist es natürlich nicht getan. Neben dem Umdenken und Handeln jeder*s Einzelnen sind vor allem auch Politik und Wirtschaft gefragt. Ein Anpassen der Ernährungsgewohnheiten ist in vielen Fällen nicht nur gesund, sondern kann auch Spaß machen. Und für die Zukunft der Erde ist es ein allemal lohnenswertes Vorhaben.

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